Abrechnung mit der USA

 

 

Der Pacific Coast Trail - geschafft!

 

Etwas emotional rollten wir nach San Diego ein... Soviele Erlebnisse, soviele Kilometer, soviele Hügel, soviele Menschen, soviel Freude - aber auch anstrengende Momente. Ich erinnere mich noch an die ersten Tage... und die Fragezeichen im Kopf, wie das wohl alles so werden wird.

Hier mal eine Übersicht der Route mit unseren Übernachtungspunkten. 

 

- knapp 3800 km

- knapp 36 000 Höhenmeter

- keine Platten oder andere technische Schwierigkeiten

- 40 einzelne Männer - 8 einzelne Frauen - 13 Päarchen getroffen (und mit denen wir uns unterhalten haben... um die Statistik zu definieren)

 

Meine persönliche Meinung dazu:

+ sehr geeignet für Beginner des Biketourens

+ durch fast immer vorhandene Infrastruktur bekommt und kriegt man fast alles was das Herz begehrt, so kann man selber entscheiden, ob man lieber unter die Selbstversorger geht oder Gewicht sowie Zeit spart und sich lieber kulinarisch verwöhnen lässt ;) Ebenso sind ständig Bikeläden zu finden, falls doch mal was am Radel nicht rund läuft

+ man ist so gut wie nie alleine, daher empfand ich es als besonders sicher

+ mit Englisch kann man alle Probleme lösen sowie Land und Leute kennenlernen ;) (die Hand und Fuß Kommunikation wartet noch auf mich ^^)

+ ich empfand auch das Fahren auf den Straßen fast immer als sicher. Meistens sind Rad"schultern" vorhanden, also Radstreifen, wenn nicht, waren die Fahrer meist sehr rücksichtsvoll und hielten größere Abstände als in der Heimat (Ausnahmen bestätigen hier wie immer die Regel und Autofahrer, welche Größe mit Geschwindigkeit kompensieren wollen gibts wohl überall)

+ offizielle und somit günstige Campingplätze gibt es entlang des gesamten Trails. An nur wenigen Stellen hatten wir Probleme welche zu finden oder wir wählten absichtlich Alternativen

+ man trifft sehr viele andere Biketourer, mit denen man sich austauschen kann

+ die Landschaft ist natürlich wunderschön (wenn auch nicht einzigartig. Es gibt auch andere spektakuläre Küstenlinen auf dieser Welt) Wirklich einzigartig waren für mich allerdings die REDWOODS und das YOSEMITE.

+ Städte wie Vancouver, Seattle, Portland, San Francisco, Los Angeles und San Diego sind weltbekannt und spannend zu erkunden

 

- teurer als gedacht. Lebensmittel liegen gefühlt bei fast den doppelten Preisen. Außerdem war es schwierig kleine Abpackungen zu finden.

- wild Campen ist leider nur in bestimmten Abschnitten gut möglich

- Südkalifornien war landschaftlich ein wenig enttäuschend. Die Küste konnte nicht mit den spektakulären Formationen von Oregon und Nordkalifornien mithalten. Vertrocknete Grashügel reihten sich aneinander. Ging die Route durchs Inland, fanden wir uns zwischen langweiligen, schier endlosen Feldwirtschaften wieder. Außerdem wurde es urbaner, eine Stadt grenzte fast an die andere. Dies wiederrum war spannend, um den gerühmten südkalifornischen Lebensstil kennenzulernen

- wer eine Herausforderung mit sich selbst und der Natur sucht oder einfach mal alleine sein will, ist hier vielleicht nicht ganz auf dem richtigen Trail. Man muss schon suchen, um den Highways, den Campgrounds usw. zu entschwinden.

 

Mein persönliches Fazit:

Von Victoria (Canada) bis San Francisco war der für uns schönste Abschnitt. Jedem der Interesse an sowas hat, würde ich diese Tour wärmstens empfehlen.

 

 

 

Dreieinhalb Monate sitzen wir nun also auf dem Rad. Mal mehr, mal weniger. Andere fahren diese Route in 6 Wochen. Aber jeder wird auf einer solchen Reise von anderen Motivationen getrieben. Einige möchten eine sportliche Herausforderung meistern, andere wollen eher in verschiedenen Facetten reisen, erleben und genießen und dann gibt es wieder Menschen, die jahrelang unterwegs sind. Teilweise mit Katze im Trailer und einfach nur fahren, weil sie dieses Leben so lieben.

 

Wir gehören wohl zu den sogenannten Slow Travellern. Die ihr tägliches Käffchen genießen, Leute beobachten, eine türkis farbene Bialetti mitschleppen (Kurz vor San Diego wurden wir vor einem Supermarkt von einem jungen Mann angesprochen der die Route ebenso fuhr, aber mittlerweile wieder im Arbeistalltag war, uns aber wohl irgendwo in Oregon auf dem Biker-Campground gesehen hatte. "You´re the two german girls, the famous coffee makers".) und vor allem Pausen machten. Um einfach nur am Strand zu liegen und das Hirn mit Trivialliteratur zu füllen (meine ehemaligen Professoren würden sich jetzt wohl bekreuzigen), Schulterschmerzen kurieren, wandern zu gehen, Städte erkunden und natürlich Menschen kennen zu lernen. Unterhalten, Lachen, gemeinsam entdecken, sich inspirieren und sich inspirieren lassen, lehren, lernen und teilen. Und ich vergaß: Fotos zu sortieren und Blog Einträge zu schreiben.

 

Nicht selten hatten wir das Gefühl an manchen Tagen kaum vorwärts zu kommen. Eine Fotokulisse nach der nächsten. Manchmal überhaupt erst aufs Rad kommen. Wenn wir bis 8 schliefen, saßen wir dennoch nie vor 11 oder halb 12 auf dem Rad. Die morgendliche Kaffeezelebrierung, packen packen packen und Essen verschlingen Zeit. Wenn wir um 9 aus dem Zelt krochen, waren wir nicht selten die letzten, die noch auf der Hike&Bike-Site des Campgrounds standen. Mir ist unklar, wie man ohne Essen und Kaffee überhaupt aufs Rad kommt, aber gut. Umso besser verstanden wir uns dann mit denen, die um 9 tatsächlich auch noch da waren :-)

Ab morgen gehts auf die Baja California - Mexico wartet mit dem heißesten Monat auf uns ("die deutschen Mädchen sind verrückt"). Hier werden wir wohl wirklich mal früh raus müssen, um der Hitze so gut wie möglich zu entgehen. Oder wir strecken die Daumen raus wenn es gar keinen Spaß mehr macht. Schau´n wa ma, ne?

Die Zeit die wir uns nahmen, genossen wir. Waren es zwei Wochen (aufgrund der Schulterprobleme) in Victoria und Port Angeles, eine Woche in San Francisco und dessen Norden, immer mal hier und da 3 Tage in Städten oder das YOSEMITE.

 

 

Lange nachgedacht und diskutiert. Leute befragt. YOSEMITE- ja oder nein? Liegt ja soweit weg von der eigentlichen Route. Dass es neben den REDWOODS nun zu unserem Highlight gehört bedarf nicht mehr an Erklärungen. Und auch die Zugfahrt dorthin, welche - zugegeben - an unserem Ego und Anspruch doch ein wenig kratzte, fühlte sich nicht mehr schlimm an (war ja nur ein Sidetrip, wir setzten an der Küste fast am gleichen Punkt wieder ein, wo wir sie verließen).

Denn das YOSEMITE ist einfach nur atemberaubend. Mein Kletterherz schlug höher bei diesen Wänden und die Hände wurden bei der bloßen Vorstellung an diesen zu hängen feucht. Auch wenn um diese Jahreszeit kaum Spezies dieser Art zu sehen sind, fanden wir gleich am ersten Abend Kletterer. Planlos wie wir sind, kamen wir ohne einen Platz zu schlafen im YOSEMITE an. Der Nationalpark, wo man 6 Monate vorher eine Campsite reserviert. Nun könnte man sich rechts und links weiter weg unter die Bäume hauen, aber durch die hohe Schwarzbärendichte (Keine Angst Mama, die tun nüscht!) braucht man tatsächlich Bärenkanister, um sein Essen sicher zu verstauen. Also doch lieber Campground mit Bärenboxen. Also landeten wir für die erste Nacht irgendwie bei dem Search&Rescue-Team des Parks, top Kletterer, die uns hinter ihren Hütten versteckten. Am nächsten Morgen durften wir uns um 4 nachts! am einzigen Campground der ohne Reservierung funktioniert anstellen, um einen Platz zu ergattern. Auf einem Campground der niemals schläft, wo man dicht auf dicht liegt, immer irgendwo jemand singt, laut sein Geschirr um drei nachts zusammen sucht oder die Duschen, die 2 km weg sind, 5 Dollar kosten. Eine Erfahrung an sich.

Drei Tage wanderten wir bei 40 °C. Schwitzten. Badeten in den Flüssen. Lagen einen Tag nur im Wasser. Und kamen aus dem Staunen nicht heraus.

 

Die beste Entscheidung diesen Sidetrip zu machen. Auch wenn meine Füße scheinbar das Laufen nicht mehr gewohnt waren. Blasen und Schmerzen machten mich heilfroh, wieder aus Radel zu kommen.

 

Hier sind einige Fotos übrigens mit Handy gemacht ;-)

 

 

"Typical American?"

 

Was ist für dich typisch amerikanisch? Diese Frage stellte ich so einigen Amis. Die Antworten waren so unterschiedlich wie ihre Geber. Am interessantesten waren aber für uns manchmal gar nicht die Antworten an sich, sondern wie sie heraus kamen. Brauchte derjenige lange oder kurz für die Antwort? Ein Überleger? War es eher eine positive oder negative Antwort? Eine allgemeine oder eine sehr individuelle?

Dieses Spiel fing ich spontan in Kanada an und es zog sich kontinuierlich fort. Und nahm nun eine Art Routine an.

 

Die top Antworten, welche mehrmals kamen:

- nur wiedergegeben -

- XXL Trucks bzw. Pick-ups

- Burger und fast food Essen (Mc´Donalds)

- Patriotismus

- XXL im allgemeinen ("alles ist groß", egal ob Mensch, Auto, Verpackungen...)

- "very nice and polite fools"= sehr nette und höfliche Trottel; meint sehr mit sich und ihrem Land beschäftigt; leben in einem Kokon; wissen kaum, was um sich herum auf der Welt geschieht, sind aber unglaublich nett und höflich

 

weiterhin kamen:

- Blues Music (einer unserer Top Antworten wie wir finden. Spiegelt es doch auch Amerika in seiner historischen Entwicklung wider)

- Waffen

- applepie

- Holzfällerhemden :-)

- Wallmart

- legalisiertes Marihuana

- Probleme mit Schulden und Umgang mit Geld

- sehr stolz, spüren kaum Scham

 

 

UNSERE Antworten wären:

 

- Höflichkeit

- Selbstbewusstsein und Stolz

- fahrende Wohnhäuser (Das hat nichts mehr mit campen zu tun. Ich fragte mich täglich was sich in diesen riiiieeeesigen Campervans verbirgt. Swmmingpools? Fitnessstudios?)

- Cowboys (wenn auch leider nicht hier gesehen)

- XXL

- ... und Erdnussbutter

 

:-)

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Fischers aus Halle (Mittwoch, 24 August 2016)

    Die mexikanischen Temperaturen, die dich erwarten werden, können wir gerade sehr gut nach empfinden. Vergiss bloß nicht genug zu trinken ;-).
    Du zeigst uns gerade einen schönen amerikanischen Traum. Unsere Gedanken sind auf deiner Reise. Liebste Grüße, von Tobi, Ida, Anna und Nina