Die große Frage.

Oder wieviel Geld brauche ich für eine Radreise?

 

Einige fragen direkt. Einige trauen sich erst nach einiger Zeit. Einigen liegt es auf der Zunge, dass kann man sehen, aber sie fragen nie danach. Ob noch vor der Reise, mittendrin oder wohl auch danach. Das eine große Thema.

 

Geld.

 

Wieviel Geld brauche ich auf einer Radreise?

 

Während meiner Vorbereitungen kam von VIELEN die Frage, ob man bei meinem ehemaligen Arbeitgeber denn soooooooviel Geld verdienen würde. Oder ob ich reich geheiratet hätte. Ich kann beides verneinen. Falls jemand zu letzterem Angebote hat: Bewerbungen bitte per Mail.

 

Ist es nicht komisch, dass man in unserer (deutschen) Gesellschaft selbst Freunde kaum nach ihrem Gehalt fragt? Es gehört sich nicht. Statistiken zu Folge sprechen wir in Deutschland am wenigsten darüber. Ich habe mich entschlossen über Ausgaben zu reden, da es so viele interessiert. Seien wir ehrlich, ganz ohne Geld gehts eben nicht. Und vielleicht hilft es dem einen oder anderen, der so etwas noch nie gemacht hat.

 

Hier also meine durchschnittlichen monatlichen Ausgaben.

 

Durchscnittliche monatliche Ausgaben auf einer Radreise

Vorab.

 

Das schöne am Radreisen ist ja, dass man keine   (oder kaum)  Transportkosten hat :-)

 

Man kann viel im Internet lesen, aber ich denke man sollte bei allgemeinen pro-Tag Kalkulationen vorsichtig sein. Diese nützen eigentlich nur, wenn man sich bestimmte Faktoren genauer anschaut:

  • Reiseziel
  • Welche Ausgaben werden mit einberechnet?
  • Dauer der Reise

Denn es bringt gewaltige Unterschiede ob ich in die USA etc. reise oder nach Asien, Mittelamerika usw. Das Industrienationen vom Lebensunterhalt teurer sind, als zweite und dritte Welt-Länder ist klar. Und dann muss auch klar sein, welche Kosten in die Kalkulation mit einbezogen werden. Da wären Anschaffungen VOR der Reise. Diese können teuer werden, vor allem wenn man noch nicht komplett ausgerüstet ist. Dazu zählt natürlich Ausrüstung, aber auch Versicherungen, der Flug usw. Und Kosten WÄHREND der Reise. Und dann ist natürlich die Dauer der Reise ein wichtiger Faktor. Je länger man unterwegs ist, desto weniger Kosten kann man durchschnittlich pro Monat haben. Denn man hat ja Zeit:

  • ich kann immer nach Alternativen suchen. Muss ich doch mal einen Bus nehmen, kann ich den langsameren und billigen nehmen statt den teuren schnellen.
  • Selbstverpflegung und Campen ist billiger, aber man wird schwerer und langsamer (mehr Ausrüstung und Essen in den Taschen: Rad ist schwerer, man fährt langsamer und selber kochen beansprucht mehr Zeit als kaufen)
  • billige Unterkunft, Campground oder Wildcampspot suchen kostet Zeit
  • man gewinnt enorm an Erfahrung: Wo kann ich sparen? Wie kann ich billiger reisen? Man entwickelt mit der Zeit eine Art Gefühl dafür

Die Budget Variante ist nicht immer die angenehmere. Nach einem langen und anstrengendem Tag noch ewig nach dem billigsten Hotel oder einem Campground zu suchen, in einem Land dessen Sprache man noch nicht (gut) spricht, kann nervend sein. Und dann auch noch Klamotten waschen...

 

Meine durchschnittlichen monatlichen Ausgaben:

Erklären werde ich die Art und Weise der täglichen Hauptausgaben wie Essen und Unterkunft, alle sonstigen Ausgaben findet ihr weiter unten. Die Ausgaben VOR der Reise wie Ausrüstung, Versicherungen etc. sind NICHT enthalten.

USA + Kanada


Mexiko, Belize & Guatemala

 

~ 750 €

  • kaum Restaurants; 95 % selbst gekocht
  • keine Ausgaben für Wasser
  • keine Hotels/Hostels; nur Campgrounds (hier fast nur die staatlichen mit Hike&Bike Site, wo man als Radler nur 5-10 € pro Person zahlt, teilweise kostet Dusche extra), leider nur wenig Wildcampen; Warmshowers 30%

 

~ 400 - 500 €

  • Restaurants und Street Food 40%; selbst gekocht 60%
  • Wasser pro Tag ca. 1,50 €; später Wasserfilter gekauft
  • Hotels 40%, Campen und Wildcampen 30%, Warmshowers, andere Einladungen oder bei einem Restaurant geschlafen 30%

 

Die monatlichen Angaben der Kosten beinhalten aber auch:

  • kleinere Anschaffungen (kleine Andenken wie Postkarten, Sticker, mal ein neues Top, kleiner Wasserfilter 20€, Hygiene Artikel usw.)
  • größere Anschaffungen (neue Regenjacke 120 €, neue Powerbank 70 €, neue externe Festplatte 80 €, Ortlieb Außentaschen 60 € usw,)
  • Fahrradreparatur (zum Glück bis jetzt nur ein Rohloffölkit, neuer Fahrradständer, neue Pedalen)
  • Pakete nach Hause senden oder sich eines senden lassen (z.B. USA --> Dtl : kleines Paket kostete 50 €)
  • Transport (Fähren in Kanada, USA oder von der Baja teilweise bis zu 50 €; oder eben doch mal Zug/Bus)
  • Visa und Reisegebühren (jedes Land hier in Mittelamerika will eine Einreise- oder Ausreisegbühr von ~25 €)
  • Eintritte (Museen, archäologische Stätten, Nationalparks, Cenotes... Variiert von 1 - 10 €)

In Kanada und in der USA entlang des Pacific Coast Trails war das Leben wesentlich teurer, daher sind wir sehr selten in Restaurants gegangen – wenn, dann nur sehr preisgünstige. Ebenso haben wir fast nur gecampt. Es sei denn, wir hatten Warmshowers – was aber mit 3-4 Tagen Vorplanung gut funktionierte. Die Hike&Bike-Campsites auf den staatlichen Campgrounds waren verhältnismässig preisgünstig. Aber auch hier wollen sie in Südkalifornien teilweise 10 € pro Person (Duschen kosten extra). Wäsche wurde per Hand gewaschen oder bei Warmshower Hosts.

 

Mexiko und Mittelamerika sind natürlich wesentlich preisgünstiger. Eine gute Mahlzeit plus Getränk ist für 2-3 € zu bekommen. Und für 10-15 € pro Person kann man schon in ein echt schönes Restaurant gehen. Sehr einfache Unterkünfte beginnen bei 12-20 Euro für ein Doppelzimmer (hier ist es natürlich praktisch zu zweit zu reisen). Wildcampen, auf dem Privatgelände von Leuten schlafen oder mal neben einem Restaurant kostet nichts :)

Ab Mexiko muss man allerdings Wasser kaufen, da das Leitungswasser nicht trinkbar ist. Auch wenn es nicht teuer ist, mit der Zeit geht es doch ins Geld. Nach einer Weile kauften wir nur noch die großen 20 Liter Flaschen, da die wesentlich billiger sind, auch wenn wir nicht alles Wasser brauchten. Dann kaufte ich mir einen 'Sawyer Mini Wasserfilter', mit dem ich nun Leitungswasser filtere. Die 20 Dollar haben sich bereits ausgezahlt.

 

Man kann von noch weniger leben. In Mexico kann man mit 300€ pro Monat noch halbwegs gut über die Runden kommen. Wenn man dementsprechend einkauft, selber kocht und viel campt oder bei Leuten nachfragt. Aber auch die wirklich lohnenswerten Ruinenbesuche kosten Geld, ab und zu freut man sich dann eben doch über europäisch anmutendes Essen wie Brot mit Käse, Kaffee und dergleichen. Und ein zwei Nächte im klimatisierten Hotel tun gut, wenn man mal seine Ruhe haben und nicht immer wieder mit den gleichen Fragen bombardiert werden möchte. Ebenso hat man spätestens wenn Montezumas Rache mal wieder zuschlägt das Bedürfnis nach einem privaten Hotelzimmer.

Nicht zu vergessen:

 

In der Kalkulation sollten folgende Punkte nicht außer Acht gelassen werden.

  • Dinge gehen kaputt. Sie sind gerade auf einer längeren Reise extremen Belastungen ausgesetzt. Und man kann noch soviel Geld ausgeben für Qualität, es geht mal etwas kaputt. Oder es hat einfach ausgedient. Dies sollte bei Langzeitreisen beachtet werden.
  • Erlebnisse kosten manchmal auch Geld. Die besten und härtesten wahrscheinlich nicht, aber einiges kostet eben doch Eintritt.
  • Abwechslungsreiche und gesunde Ernährung ist wichtig. Kostet aber eben auch, je nachdem in welchem Land man sich befindet. Und das westliche Produkte durch Importkosten sehr teuer sind, ist klar. In der USA waren Obst und Gemüse teuer - in Lateinamerika kostet der geliebte Schokoaufstrich ein Vermögen.
  • Gebühren, um die man nicht herum kommt. Einreise- oder Ausreisegebühren. Visa. Fähren, auf welche man angewiesen ist.
  • Unerwartete Zahlungen.  Man ist krank geworden und muss die Behandlung bezahlen (optimalerweise bekommt man das natürlich von der Auslandsversicherung zurück). Oder eine Nachzahlung vom letzten Jahr zuhause in der Wohnung steht an.

 

Ich hoffe, dass hilft dem einen der anderen bei der Planung einer solchen Reise.

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Felix Ihlefeldt (Freitag, 05 Mai 2017 09:46)

    Ja in Kanada ist es auch noch mal teurer als in den USA, zumindest wenn man Campinglätze bevorzugt. Die Preise lagen bei mir zwischen 15 und 45 Dollar (Einzelfall), und es gibt keine billigeren Angebote, nur weil man als Radfahrer keine komplette site mit Platz für 6-8 Leute für sich allein braucht. Auch sind die Lebensmittel in Schnitt 25% teurer als in D, ess- und transportierbares Brot zu finden war oft eine echte Herausforderung, ganz zu schweigen von den fehlenden Kleinpackungen ...

  • #2

    Alexander Ausserstorfer (Samstag, 03 März 2018 18:33)

    Hm. Also, allzuweit bin ich bisher mit dem Radl ja noch nicht gekommen. Aber mit so etwa 100 Euro in der Woche bin ich hier in Bayern / Österreich / (Süd-)Tirol eigentlich schon über die Runden gekommen. Bei täglichem Zelten und Selbstversorgung, klar. Danke für die Hinweise auf dieser Seite hier. Man liest ja wirklich eher selten was drüber.

  • #3

    Martin (Dienstag, 06 November 2018 10:28)

    Toller Beitrag und schon sehr ausführlich. Ich kann mr gut vorstellen, dass die Kosten doch immer mal wieder unterschätzt werden. Diese Übersicht finde ich richtig klasse (https://www.finanznachrichten.de/)

  • #4

    Sabine (Samstag, 10 November 2018 06:59)

    Ich habe in Canada die Erfahrung gemacht, dass man sich die großen Plätze als Radfahrer teilen kann. Dazu sagt man an der Rezeption, dass man mit Freunden verabredet ist und nun erst mal schauen will, ob die schon da sind. Dann läuft oder fährt man über den Platz und spricht Radfahrer an, ob diese einverstanden sind, sich den Platz zu teilen. Das war dann häufig so und so wurde es etwas billiger.
    Danke für den tollen Bericht hier und die super schönen Fotos!

  • #5

    Christine R (Mittwoch, 09 August 2023 20:39)

    Interessanter Artikel, danke.
    5 Jahre später, als Erwiderung zu Post #2,
    Sommer 2023
    alleine mit Zelt & Rad durch Teile Deutschlands (Saale, Elbe-Havel, Havel, Berlin - Usedom, Ostseeradweg bis Kopenhagen.
    Alleine die Übernachtungen auf dem Campingplatz gingen schon ins Geld - sehr günstig in Thüringen mit ca. 10€, bis 25€ an der Ostseeküste, Dänemark Durchschnitt 20€. Vorab schon gesucht, um die günstigsten Alternativen für die Route zu finden. Es waren immer die Preise für Zeltwiese, ohne Extra Strom.
    Zusätzliche Kosten, mit 100% Selbstversorgung, ca. 10€/Tag, Kleinportionen machen es nicht einfach, und ein Eis oder das SundownerBier sollte drin sein bei aller Sparsamkeit.
    Nicht enthalten, Eintritte, und Kosten An-/Abreise.
    Und natürlich sollte man bedenken, auch zuhause gibt man Geld für Essen aus, etc., das kann man gegenrechnen.
    Allen Radler:innen viel Spaß bei ihren Touren & die Erlebnisse sind definitiv unbezahlbar.