Das Wörtchen 'Wenn'.

Warum eine Schlafmaske wichtig sein kann.

Über Regen. Viel Regen.

Und atemberaubende Natur.

 

 

Es sind 11°C. Ich sitze auf dem Rad und der Regen peitscht mir ins Gesicht. Der Wind lässt alles noch kälter erscheinen. Was geht mir durch den Kopf? Eine alte Werbung für eine Handcreme... Man sieht Fischer auf einem typischen Holzkahn, die Wellen spülen ihnen Wasser auf die Hände und alles wirkt rau. Der Mann sagt so etwas in der Art wie: "Wir in Norwegen wissen was eine gute Handcreme ausmacht. Kaufen Sie die Handcreme mit der norwegischen Formel." Witzigerweise habe ich tatsächlich eine unglaublich trockene und rissige Haut an den Händen. Aha, ergibt plötzlich Sinn die Werbung.

 

Norwegen. Eine atemberaubende Szenerie. Noch schneebedeckte Berge formen die unglaublichsten Gipfel, welche sich widerrum mit wellenartigen Felsformationen abwechseln. Schroffheit vs. Weichheit. Zwischendrin liegen Fjorde, Seen, Hügellandschaften und Moosfelder. Immer wieder Wälder. Nicht zu vergessen die skandinavischen Holzhäuser in den typischen Farben wie Faluröd (rot) oder gelb. Überall schießen kleine und große Wassermassen die Berge hinab. Elche und Rentiere kreuzen unsere Wege und ich kann mich nicht satt sehen an den Wildwiesen, die überall sind. Gelbe Butterblumen sowie weiße und violette Farbkleckse bilden einen wunderschönen Gesamtanblick. Es wäre einfach unglaublich schön. WENN das Wörtchen 'WENN' nicht wär'.

 

 

"WENN das Wörtchen 'WENN' nicht wär' dann wär ein jeder Millionär". WENN es nicht soviel regnen würde, dann hätten wir diese Landschaft viel mehr genießen können. Denn die Regenwolken hängen tief. So tief, dass man die Bergketten, Fjorde und alles andere kaum sehen kann. Wenn es nicht soviel regnen würde, dann hätten wir in den vielen Seen deutlich mehr baden gehen können. Wenn es nicht soviel regnen würde, dann hätte ich nicht verzweifelt eine neue Unterlegplane fürs Zelt sowie Imprägnierungsspray kaufen müssen. Mein Startpunkt in Trondheim zeigte sich noch von seiner schönsten sonnigen Seite, 14 Tage später haben wir folgende Statistik: Von 10 Fahrtagen hatten wir acht Regentage, einen gemischten und einen Tag Sonne. An diesem einen Tag Sonne habe ich soviele Fotos geschossen wie an allen anderen zusammen. Die gibts dann demnächst zu sehen.

Zum Glück radele ich nicht alleine. Rebecka hatte in einer Facebook Gruppe geschrieben und nach Mitfahrerinnen gesucht. Sie wollte nach Bodø fahren. Wir trafen uns und verbrachten die letzten 14 Tage gemeinsam lachend auf dem Rad, trotz Regen. Ich weiß nicht, ob ich alleine das Durchhaltevermögen gehabt hätte diesen Wassermassen zu trotzen.

 

 

Abgesehen vom Regen eignet sich diese Strecke hervorragend fürs Radreisen. Es sind ungefähr 750 fahrbare Kilometer zwischen Trondheim und Bodø. Dazu kommen etliche Fähren die man nehmen muss, wenn man die Route entlang der Küste wählt. Willkommene Möglichkeiten um zu trocknen. Der Verkehr ist minimal und besteht hauptsächlich aus Campervans. Die Hälfte davon kommen aus Deutschland. Rebecka brachte den sehr positiven Gedanken an, dass wir immerhin denen ein gutes Gefühl geben während des vielen Regens. Sie sehen uns im kalten Regen radeln und wissen dann hoffentlich ihr warmes und komfortables Wohnmobil zu schätzen. Zwei Wochen haben wir für die Strecke gebraucht. Es gibt zwar viele Campgrounds, aber mir persönlich ist nicht klar, warum man für diese zahlen sollte. Das Wildcampen in Skandinavien ist absolut einfach und durch das Jedermannsrecht fast überall erlaubt. Man muss nicht mal großartig dafür suchen, man stoppt einfach und schlägt sein Zelt auf ;) Wenn man ein bisschen sucht und vielleicht Hundert Meter schieben oder Gepäck Tragen in Kauf nimmt, findet man unfassbar schöne Spots mit atemberaubender Aussicht inklusive See oder Fluss zum Waschen. Alternativ konnten wir sogar zweimal Hütten finden, die alt und verlassen oder frei zugänglich waren. Somit hatten wir ein Dach über dem Kopf und mal keinen Regen beim Kochen. Zwischendurch konnten wir bei ein paar Couchsurfing Hosts Trocknen und Entspannen. Warmshowers funktioniert hier irgendwie nicht so gut.

 

 

Absolut notwendig hier? Regenausrüstung und Schlafmasken. Vielleicht auch noch Ohrenstöpsel. Ich frage mich nämlich wann die Vögel hier schlafen. Scheinbar nicht nachts. Es wird nicht dunkel zu dieser Jahreszeit und ab einem gewissem Breitengrad geht auch die Sonne nicht mehr unter. Dementsprechend musste ich mir eine Schlafmaske kaufen, da ein Schal oder der sonst so praktische Buff nicht genug abdunkeln. Ebenso erwache ich manchmal mitten in der Nacht, höre die Vögel zwitschern und denke durch die Helligkeit, dass es bestimmt um acht Uhr morgens sein muss. Dann schaue ich auf die Uhr und merke, dass ich gerade mal drei Stunden geschlafen habe. Die ständige Helligkeit macht den Tag natürlich ewig lang, so muss ich nicht mehr überlegen wann man am besten sein Zelt aufschlägt um noch genug Zeit zu haben um zu kochen.

Jetzt genießen wir noch ein paar Tage Ruhe und wollen saunieren, bevor es für mich dann auf die Lofoten weiter geht. Mehr Fotos und welche Antworten ich auf die Frage "Was ist typisch für Norwegen?" bekam gibts demnächst.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Manuel (Montag, 26 Juni 2017 20:27)

    Schöne Fotos. Trotz Wolken ;-)

  • #2

    Kai (Mittwoch, 28 Juni 2017 12:24)

    Wunderschöne Bilder, die von einer atemberaubenden Natur zeugen!! Habt viel Spaß! Es ist immer wieder schön, von deinen Erlebnissen zu lesen...

  • #3

    Natascha (Montag, 10 Juli 2017 23:47)

    Liebe Anna,
    manchmal schau ich hier vorbei und dann ..
    ach dann denk ich vor allem: DU MACHST AUCH WIRKLICH ALLES RICHTIG! Abenteuer, Krisen, Aufstehen, weiter machen, Pause machen, genießen, strampeln, Dich freuen, Nix wirklich übers Knie brechen, andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, Entscheidungen treffen, weiter strahlen..
    jawoll, das denk ich und dazu gratulier ich Dir!
    Ein Gruß mit Herz,
    N.