Vorankommen durch Stillstand.

Oder wie man sich innerhalb von zehn Tagen vorwärts bewegt und immer wieder am Ursprungsort ankommt. Um dann festzustellen, dass man manchmal größere Schritte tut, wenn es nicht glatt geht.

 

 

Dass mein Herz für Mexiko schlägt, habe ich ja bereits in etlichen Blog Einträgen geschrieben. Aber scheinbar galt das auch anders herum, denn es wollte uns einfach nicht gehen lassen. Beginnen wir beim letzten Blog Eintrag. Ich brachte Jesse zum Flughafen, reise momentan mit Kieran und ging nach ca. 4-5 wöchigem Unwohlsein zum Arzt. Nahm für 5 Tage Antibiotika. Verbrachte ein tolles Weihnachten mit einer tollen Truppe in Punta Allen. Unte anderem mit Michael+Anna. Die beiden flogen spontan aus privaten Gründen für zwei Wochen zurück nach Deutschland und Michael meinte noch, er verhexe uns, damit wir nicht voran kämen und sie uns leicht wieder einholen könnten. Scheinbar besitzt Michael mehr übersinnliche Kräfte, als er bis jetzt wusste.

 

 

Nach mehrtägigem Kraft Tanken und Weihnachtsfisch-Verdauens ging es weiter: Über Dirtroad zurück aufs Festland.

  • (1) Dort entschieden wir uns wieder gen Meer auf eine Halbinsel zu fahren. Von Xcalac wollten wir per Boot aufs belizische Festland übersetzen. Dies erwies sich aber aber als so teuer (300 USD), dass wir mit dem Bus zurück nach Chetumal fuhren, um dort ein schönes Silvester zu verbringen (2). Dies widerrum verbrachten wir herum irrend auf der Straße, suchend nach einer netten Bar oder kleinem Club, was leider keinen Erfolg brachte.
  • (3) Als nächstes wollten wir einen erneuten Versuch starten, abseits der „normalen“ Route zu fahren. Wir planten entlang der mexikanisch-belizischen Grenze nach La Union zu radeln, um erst dort die Grenze zu queren. Von dort wollten wir dann durch den Dschungel über Dirtroads nach San Ingnacio. Nach einem Tag waren wir auf halber Strecke angelangt. Nächtigten an einem natürlichen Swimmingpool mit türkisfarbenem Flusswasser. Am nächsten Morgen wurde mir klar, was ich schon die letztem 3 Tage kommen sah aber nicht wahr haben wollte: Mein Parasit war noch immer in meinem Körper. Und auch Kieran hatte sich eine Ohrentzündung beim Baden im Meer zugezogen. Wir trampten zurück nach Chetumal. Dort ging ich zu zwei Ärzten, da mich der Erstere nicht ernst nahm und ich selber fühlte, was mein Vater und der zweite Arzt bestätigte: Das Antibiotika wurde mir für zu kurze Zeit verschrieben. Der Parasit war noch immer in mir. Also musste ich ein zweites Antibiotika plus etliche andere Tabletten Cocktails nehmen. Auch Kieran musste mit Spritzen dran glauben.

(4) 2 Tage später also Versuch Nummer zwei. Diesmal schafften wir es bis La Union. Dort fanden wir einen wunderschönen Platz zum Nächtigen direkt an einem Cenote, einer tollen Aussicht und wunderschönem Fluss. Abends gewitterte es kräftig und als ich endlich einschlief weckte mich das Gefühl meines einstürzenden Zeltes. Zweimal wurde es kräftig niedergetreten. Ich schrie kurz auf. Dann hörte und sah ich Pferde weg galoppieren. Am nächsten Morgen brauchte ich mehr denn je meinen Kaffee. Meine Taschen waren aber von Ameisenmassen bevölkert, sodass ich diese erst einmal befreien musste. Etliche Bisse später - meine Hände und Füße waren gerötet – konnten wir endlich los. Das Rad wurde den Hügel hochgeschoben und siehe da, mein dritter Platten. Nach einem schnellen Schlauchwechsel konnte es dann endlich losgehen. Und dann schafften wir die 6 Kilometer zurück zum Dorf in sage und schreibe zwei Stunden. Die trockene Schlammpiste, die ich tags zuvor schon mit Blick gen Himmel misstrauisch beäugte hatte sich über Nacht zum Horror entwickelt. Der Schlamm klebte an unseren Rädern und setzte sich vor allem an meinen Schutzblechen fest. Alle paar Meter mussten wir anhalten und kratzen. Selbst das Schieben erwies sich als totaler Kraftakt.

 

 

  • Und dann kamen wir endlich zur Grenze. Der mexikanische Beamte gab uns sogleich Wegzehrung für den langen Grenzweg. Schokomilch und Tomales für fünf Meter Flussüberquerung. Aber zu früh gefreut. In Belize wollten sie uns nicht ins Land lassen. Alles verhandeln, bitten und telefonieren half nichts. Wir sollten zurück nach Chetumal zu einem offiziellem Grenzübergang.
  • Per Bus nach Chetumal. Zum dritten Mal. Und dann bekam ich eine leichte Grippe. Wieder saßen wir fest.
  • Kieran vertat sich die Zeit mit Youtube Videos über Fahrrad-Street-Races. Und ging dann auch kurzerhand hinaus um ein wenig zu Radeln. Kam dann humpelnd und blutend zurück. Am nächsten Tag ging es mir wieder besser und wir gingen zum Arzt um seine Hand untersuchen zu lassen, da wir nicht sicher waren ob diese womöglich angebrochen war.
  • Abends zogen wir durch die Straßen und wurden von einem aufgelösten Mann mit amerikanischen Akzent angesprochen. Er erzählte uns eine sehr verwirrene Story und wir beide hatten ein 50:50 Bauchgefühl, ob wir ihm Glauben schenken sollten oder nicht. Wir entschieden uns für das Gute im Menschen und gaben ihm 80 USD, die wir angeblich zurück bekommen sollten. Bis heute hörten wir nichts von ihm. Ein kleiner Restglaube verbleibt in mir, aber dieser schwindet. Aber immerhin können wir sagen, wir versuchten zu Helfen.

 

Vor allem die Krankheiten zerrten an mir. Nicht unbedingt körperlich, auch wenn ich das vor allem auf dem Rad merkte, aber mental deutlich mehr. Als die Parasiten Symptome erneut aufkamen, fiel ich in ein großes Loch. Ich wusste, dass wenn ich diesen nicht los würde, ich so nicht weiter machen könne. Wie schon anfangs mit meinen Schulterproblemen gefährdete es meine ganze Art zu reisen. Jetzt, 10 Tage später, mittlerweile in Guatemala, kann ich darüber lachen und reflektieren. Und weiß, dass dies keine großen Probleme waren. Ich fühle mich endlich wieder kräftig und gesund. Und merke, dass mich das einen Schritt voran gebracht hat. Wenn auch nicht örtlich, aber geistig.

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